Der Brummkreisel

Früher ließ ich ihn oft kreiseln, den Brummkreisel. Mittlerweile ist es eine Seltenheit, dass ich ihn in der Hand halte, den Stift zwischen Daumen, Zeige und Mittelfinger zwirbel und beobachte, wie lange er sich kreiselnd auf der Spitze hält. Um so schöner, dass mir in der Schreibgruppe der Ungeraden von Hannah Rau mal wieder einer zwischen die Finger geriet. Doch lest selbst 😉

Der Brummkreisel

Ein Kreisel. Ohne Brumm. In bunten Farben gestreift. Von Gelb zu Rot zu Gelb zu Lila zu Rot zu Gelb. Mit blauem Stift, um ihn zum Tanzen zu bringen. Ganz aus Holz.

Von welchem Baum magst du abstammen? Wo bist du gewachsen? Im dichten Märchenwald? An der stürmischen See? Im tropischen Urwald? Ist er vor Alters­schwäche umgekippt oder wurde er durch Menschenhand zu Fall gebracht? Angebaut, um zu einem Kreisel verarbeitet zu werden? Um Kinder-und Erwachsenenaugen zum Leuchten zu bringen? Um in Spielzimmern verloren zu gehen? Ein Stück Holz bunt bemalt.

Mit etwas Glück lebst du Jahrzehnte. Mit ganz viel Glück gar Jahrhunderte. Und mit ganz viel Pech nur wenige Wochen, weil gleich dein erster Besitzer dich nicht zu schätzen weiß. Dann landest du im Müll zwischen Essens resten und voll geschnaubten Taschentüchern. In einer fest verschlossenen Plastik­tüte. In der Mülltonne. Und schließlich auf der Müllhalde. Und dort gibt es kein Zurück. Nur ein Vorwärts. In die heiße Glut.

Maria „miekchen“ Lohmann


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